Mein erstes Erdbeben Photos von Wolfgang Kistler |
Weiß nicht mehr genau in welchem
Jahr das war. Ich glaube 1981. Nach der, wie üblich langwierigen Anreise über Italien, kam ich irgendwann in Pireus an. Tickets besorgt und auf die Fähre geklettert, die noch einige Stunden Zeit bis zum Auslaufen Richtung Chania/Kreta hatte. Laangweilig. Also was macht man? Man kauft irgendwo eine Flasche fast kochenden Retsina, wickelt diese in ein nasses Handtuch und stellt das Paket in die pralle Sonne. Für die Nichtphysiker unter uns: Das kühlt. Ja, und dann freut man sich auf den Abend und die Überfahrt, wo der Wein dann endlich kalt ist. Meine, für Nichtphysiker wohl seltsamen Verrichtungen wurden von 3 Mädels die auch auf dem Weg nach Kreta waren, aufmerksam beobachtet und allmählich kamen wir ins Gespräch. Die drei waren unter dem Motto "keine Männer" unterwegs. Dafür war ich genau der Richtige. Das Motto hatte ich auch immer schon. Wir reisten also zusammen weiter. Zunächst wurde der inzwischen kühle Retsina vernichtet, danach folgten sehr schöne und anstrengende Tage in Frangokastello, wo es eine komfortable Schlafhöhle incl. herumknarzendem Süßwasserkrebs gab. Zur weiteren Ausstattung gehörte eine über einen Vorsprung stürzende Quelle zum Duschen und Wasserholen und ein gewaltiger, einsamer Dünenstrand. Perfekt. Allerdings war mein Handtuchtrick dort nicht so bekannt. Das hatte zur Folge, dass wir bei den alten Leuten wo es die Nahrung gab bei Temperaturen an die 50 Grad auch nur Wein bekamen, der zwar in einer Wanne mit Wasser auf ca. 36 Grad "heruntergekühlt" wurde, aber dennoch sehr gut lief. Strom gab's übrigens nicht. Und wie der Wein lief. Bei den Nachttemperaturen lief er gewaltig und fast wirkungslos, wurde ja gleich wieder verdampft. Unvorstellbar, was für Mengen an Wein da verschwanden. But all good times must come to an end, irgendwann ließ ich mich vom Busfahrer, der dort regelmäßig abends versackte, um 7 Uhr morgens wecken und es ging weiter nach Chania, von da nach Pireus wo ich denn wieder auf das Schiff nach Italien warten musste. Wie jedes Mal auf der Heimreise habe ich mich in Pireus mit Nane Tee und ein Bisschen Kleinkram für unterwegs eingedeckt. Also lief ich durch den tosenden Verkehr auf der Suche nach meinen üblichen Straßenhändlern, noch leicht schwächelnd von den verschiedenen Abschiedsweinen mit etlichen Leuten auf dem Schiff, die in andere Gegenden der Welt weiter mussten. Alles klar soweit bis ich plötzlich ein äußerst unangenehmes, starkes Vibrieren in meinem gesamten Körper verspürte, das mir wahrhaftig einen riesigen Schrecken einjagte. Alle anderen auf der Straße bewegten sich normal, also dachte ich. "Oh,oh, die Hitze, der ganze Wein, war das jetzt zuviel?" Ich behielt meine weichen Knie bis zu Hause, immer auf der Hut ob dieses merkwürdige Gefühl nochmal wieder auftritt. Leicht panisch habe ich dort einen Neurologen aufgesucht. Der hat sich meine Geschichte angehört, ruhig, nickend, wie diese Leute das so tun, ging dann zu einem Stapel Zeitungen auf einem Tisch am Rande. "Wann war das? Pireus, vor 3-4 Tagen?" fischte eine Zeitung raus, "Kein Problem, das war ein Erdbeben." Ich war geheilt entlassen. Glück gehabt.
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