Dieser Ort hat sich inzwischen verdreifacht, ist
mindestens 6 mal umgegraben worden, Müllkippe und Hafen sind im Laufe der Jahre weiter
umhergewandert als die Stiefelknechte von "Bergwandern in
West-Kreta" alle zusammen (nichts dagegen, aber bitte im Frühjahr
oder Herbst, da ist es traumhaft), aber man sieht's nicht so wie
woanders. Gut, im Ort sind ein paar alte Häuser durch neue ersetzt
worden oder neue sind dazugekommen, aber der größte Teil der Neubauten
befindet sich dort wo früher Sumpf war und der ist weg. Mal ehrlich,
mir gefallen die Häuser besser als die Mücken früher. Die sind
nämlich erfreulicherweise ziemlich rar geworden. Letztes Jahr (2001)
hatte ich in 4 Wochen nicht eine einzige im Zimmer (Hallo Miro, hört
sich gut an, oder?). Die 3 schmachtenden Blutsauger die sich vielleicht
bis zu unserer Herberge am Sandstrand kurz vorm Burgberg durchgeschlagen
hatten sind wohl von Fledermäusen gefressen oder vom fast ständig
vorherrschenden Wind, der die im Sommer doch deftigen Temperaturen
erträglich werden lässt, dahin geblasen worden, wo sie hingehören, zu
den Fischen.
Straßenbau hat's natürlich auch gegeben, man läuft
nicht mehr im ganzen Ort durch Sand, der einem ins Essen und in den Wein
geweht wird, und braucht nicht mehr 1-2 Tage von Heraklion nach
Paleochora, sondern 4 Stunden.
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Ist zwar kein Reisen im ursprünglichen Sinne
mehr, aber für Familien außerordentlich vorteilhaft.
Hier geht mein spezieller Dank an TAXI-Spiros
und sein Team, die es im Sommer fertig bringen, ungefähr 36 Stunden am
Tag zu fahren. Leider
hat Spiros im August 2012 seine allerletzte Fahrt angetreten. Mach's gut
alter Freund und danke für etliche Jahrzehnte treuen Fahrdienst. Die
Firma existiert wie gewohnt zuverlässig weiter. |
Aber zurück.
Dieser Ort hat irgendwas. Jedes Jahr trifft man dort
viele Leute wieder, die das auch schon gemerkt haben. Da ist der und der
oder die von früher, inzwischen mit Kind oder sogar Enkel, und jeder
weiß, hinfahren und Leute treffen, die man kennt, klappt immer. Wir
sind dort wohl alle irgendwie geprägt worden, das Leben dort war, trotz
der zeitlichen Limitierung ein Erlebnis, etwas echter als zu Hause mit
dem Hintern auf dem kalten Straßenpflaster den Hippie zu spielen, und
steckt vielen noch in den Knochen. Nicht zuletzt war die herzliche
Aufnahme durch die Einheimischen eine Erfahrung, die man zu Hause nicht
machen konnte. Das ist übrigens noch heute so und für diese Erfahrung
bin ich den Leuten von Paleochora dankbar. Ich fühle mich da zu Hause
und da ich z.Zt. nur 4 Wochen im Jahr dort sein kann, hab' ich sogar den
Luxus von Heimweh. So ca. 3 Wochen bevor es wieder losgeht, fangen
komischerweise einige Leute in Bremen aus einiger Entfernung an
auszusehen wie die freundlichen Einheimischen von Paleochora.
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Man mußte
früher und sollte heute allerdings so sensibel sein, sich im Ort an den
gültigen Benimm-Codex zu halten. Ich gehe noch heute abends mit langer
Hose in den Ort, quasi als Ehrenbezeugung den Alten gegenüber und das
wird auch so verstanden, obwohl selbst viele Griechen sich schon lange
nicht mehr daran halten. Mein Ältester (15 und cool samt cooler
umgedrehter schwarzer Mütze) hatte dieses Jahr, also 2002, ein
einprägsames Erlebnis. Als Paleochora im alten Hafen
die "Naval-Week" feierte und das ganze
Dorf zu Essen, Trinken und Musik (vor allem Mantinada-Gesang, dagegen
kamen die Musiker nicht an) versammelt war, hat Ihn ein sehr alter Mann
fürchterlich angerempelt und sehr böse angesehen. Sohnemann fragt mich
also: " Was will der denn?". Ich erkläre ihm, daß dieser
alte Mann wahrscheinlich vor vielen Jahren Panzerfahrer, die so eine
Mütze trugen, erlegt hat weil diese damals ganze Dörfer und Familien
ausgerottet haben.
Also: "Sohn, nimm dieses Scheißding ab, du verstehst nicht wie
viele von den Liedern die hier heute gesungen werden von dieser Zeit
handeln". Hat er gemacht, der Alte hat ihn freundlich angegrinst
und ist dann später, noch mal freundlich grinsend, nach Hause. Meine
Hochachtung den Alten von Paleochora und aus dem ganzen Selinoten-Bezirk.
Leider werden sie immer seltener, die "Palikari",
die wussten wie man sich Scheiße vom Halse hält. Und dafür kämpft.
Zum Beispiel der alte Pope, seine
"Beretta", mit der er tagelang in einem ausgehöhlten
Olivenbaum in Kandanos auf Besatzer gelauert
hat, die die halbe Bevölkerung ausgerottet haben, würde ich gerne an
der Wand haben. Er ist leider vor ca. drei Jahren gestorben, hat aber
vorher noch den Kindern "Dracula-Chips" geschenkt
und sie dann gesegnet. Das ist für mich ein "Cooler Typ", und
ich glaube der Segen wirkt.
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